Das Haus der Medusa

Es ist etliche Jahre her, dass ich an einem Krimiwettbewerb teilnahm. Das war in vielfacher Hinsicht eine Premiere. Ich hatte noch nie einen Krimi geschrieben und auch noch nie unter Zeitdruck an einem Roman gearbeitet. Bis dahin hatte ich nur drauflos geschrieben, ohne Plan und Konzept, die meisten Geschichten schrieb ich nicht fertig. Dieses Projekt wollte ich organisierter angehen.
Viel Zeit nahm ich mir für die Recherche. In meiner Nachbarschaft befand sich damals eine Backstube, in deren Schaufenstern kunstvolle Hochzeitstorten ausgestellt waren. Die Inhaberin Laura Seebacher erzählte mir alles über Biskuitteig und Zitronenkuchen, schwarze und weiße Schokolade, Fondant und raue Hände vom vielen Putzen und Desinfizieren.
Das Schreiben war nicht halb so amüsant, ich kämpfte gegen Zeitdruck, inneren Schweinehund und fehlende Schreibstrukturen. Irgendwie wurde der Krimi trotzdem fertig und ich reichte das Manuskript beim Verlag ein – stolz und erleichtert, dass ich es geschafft hatte. Den Wettbewerb gewann ich allerdings nicht.
Rückblickend empfand ich das Projekt als anstrengend und quälend. Die düsteren Geschichten, die mir meine Figuren erzählten, drückten meine Stimmung monatelang nieder. Das wollte ich nicht noch mal erleben. Daher entschied ich für mich, dass ich keine Krimi-Autorin war und mich zukünftig in erster Linie dem Schreiben von Frauenromanen widmen wollte. Das Manuskript verschwand für Jahre in der Versenkung.
Andere Dinge und Themen waren wichtiger. Ich unternahm die ersten Gehversuche im Selfpublishing und veröffentlichte zusammen mit Elke Rathsfeld die Kurzgeschichtensammlung Moodcooking und anschließend Ebbe und Glut, das mein erster großer Erfolg wurde. Immer wieder fragten Leute nach dem Krimi. Meine damaligen Testleserinnen hatten ihn überraschend positiv in Erinnerung. Ich zögerte. Eigentlich hatte ich mich dafür entschieden, zukünftig Frauenromane zu schreiben. Der Krimi passte mir gar nicht in den Kram.
Doch dann geschah etwas Verrücktes: Ich nahm an einer Verlosung auf Lovelybooks teil und gewann ein Backbuch von Laura Seebacher, der Konditorin, die ich interviewt hatte. Das war ein Zeichen! In den nächsten Wochen buk ich nicht nur Rezepte aus Lauras Buch nach, ich nahm mir auch das alte Manuskript wieder vor. Alles war in meiner Fantasie noch genauso da, wie ich es verlassen hatte. Das alte Haus in Hamburg-Altona, seine eigenwilligen Bewohnerinnen, die Backstube der Zuckerbäckerin Florentine und die kleinen und großen Tragödien, die sich hinter den Mauern abspielten. Die Figuren begrüßten mich wie eine gute Freundin, die sich lange nicht hatte blicken lassen. Auf einmal fühlte ich mich geradezu verpflichtet, ihre Geschichte in die Welt zu bringen.
Und so setzte ich mich hin und überarbeitete das Manuskript gründlich. Mit dem großen Abstand zum Text fielen mir Ungereimtheiten und sprachliche Stolperstellen auf. Vor allem aber erhielt die Geschichte mehr Leben. Ich gestaltete Szenen lebendiger und fügte Dialoge und Beschreibungen hinzu. Normalerweise tut es jedem Manuskript gut, wenn man beim Überarbeiten kräftig kürzt. Diesmal war es anders herum: Insgesamt kamen fast zwanzig Normseiten hinzu. Das Überarbeiten dauerte beinahe so lange wie der gesamte Schreibprozess.
Außerdem stellte ich fest: Die Geschichte, die ich jahrelang als Krimi bezeichnet hatte, ist streng genommen gar kein Krimi. Jedenfalls keiner im klassischen Sinne mit den üblichen Ermittlungsarbeiten der Polizei. Es ist eher ein Drama, eine Tragödie, abgründig, skurril, mit rabenschwarzem Humor. Möchtest du mehr über Das Haus der Medusa erfahren? Hier entlang bitte.